Montag, 27. November 2006

Vinho Verde Tinto

Selbst in einer Ausstellung neulich in einer Karlsruhe Oststadt-Kneipe habe ich ihn nicht finden können: Den Vinho Verde Tinto bzw. roter Vinho Verde, der süffige rote aus Nordportugal. Einiges googeln und eine Anfrage per email bei einem auf der Homepage sehr ordentlich sich darstellenden Weinhändler brachte ebenso nur das unbefriedigende Ergebnis: Weisser Vinho Verde, kein Problem - aber roten haben wir nicht.

Mir kam dann der Gedanke eine Gelegenheit für ein ausserordentlich sinnstiftendes Hobby entdeckt zu haben. Wie langweilig ist es doch, wie viele Andere, Apfelmost aus zu zünftigen deutschen Äpfeln zu pressen wo man doch in unzähligen Saft- und Bioläden diesen in hervorragender Qualität und mit allen Ökolabels kaufen kann. Nein, wer wirklich Kreativ ist macht in seiner Freizeit was, was sonst keiner tut: Zum Beispiel roten Vinho Verde. Der wilde Weinstock neben der Terrasse, mit den nur den Wespen schmeckenden Minitrauben, soll geopfert und durch einen geeigneten portugisische Rebsorte ersetzt werden.

Via Wikipedia war leicht rauszufinden, welche Rebsorten geeignet sind und einer Email an das staatliche Weinbauinstitut in Freiburg hatte eine freudliche Antwort zur Folge mit dem Hinweis eines sachverständigen Herrn doch mal beim "Verband der Rebpflanzguterzeuger" nachzufragen. Da die fraglichen Rebsorten spät reifen könne er sie in unseren Breiten zwar nicht empfehlen, wenn ich aber mehr von der Unternehmungslust als von der zu genießenden Weinqualität getrieben sei, solle ich den Versuch wagen. Ich bedankte mich artig bei dem freundlichen Herrn.

Leider folgte auf mein flugs verschicktes Email an den "Verband der Rebpflanzguterzeuger" bislang keine Antwort. Auch läßt das im Internet veröffentlichte Programm des Verbands: Alles in Deutschland bewährtes Pflanzgut nicht erwarten, dass nordportugiesische Provinzsorten wie "Pedral" , "Espadeiro" ode "Azal Tinto" dort zu haben sind. Eine erneute Anfrage in Freiburg, ob es vielleicht einen Rebenzüchter Verband in Portugal, wo vielleicht eine nette Dame oder netter Herr mit Verständnis für sinnstiftenden Hobbies suchende Mitteleuropäer Dienst tut, gibt, blieb leider auch unbeantwortet.

Nun ja, da werde ich wohl weiter unter den wilden Minitrauben auf der Terasse sitzen und biologischen Apfelasaft mit Ökolabel trinken. Der örtliche Bioladen und die Wespen werden sich freuen.

Samstag, 25. November 2006

Risikanter Unfug: Investivlohn

Nichts ist ungeschickter für einen normalen Arbeitnehmer als sein Geld bei seinem Brötchengeber anzulegen. Zwar hat er, wenn sich die Firma gut entwickelt, zum sicheren Arbeitsplatz einen netten Kapitalgewinn. Doch dieser Glücksfall tritt mit der gleichen Wahrscheinlichkeit mit einer Beteiligung bei einer anderen Firma ein. Gewichtiger wiegt der andere Fall: Wenn es der Firma schlecht geht, dann verliert der Pechvogel zu seinem Einkommen auch noch sein Erspartes.

Ein Teil des Lohns soll nun nach den Vorstellungen von CDU Generalsekretär Pofalla als "Investivlohn" steuerlich gefördert für eine Beteiligung am Kapital und damit Gewinn des arbeitgebenden Unternehmens verwendet werden. Dass SPD Fraktionschef Struck die Idee begrüßt und Herr Beck ein "SPD Modell" zum Investivlohn vorstellen möchte zeigt, dass hier Schwarz und Rot der gleichen oder zumindest ähnlicher Ansicht sind.

Der "Investivlohn" wird unmöglich nicht zu Lasten der regelmäßigen Einkommen gehen, wie es sich Verdi-Vize Margret Mönig-Raane vorstellt. Genau wie jede Erhöhung von Löhnen oder Sozialabgaben verteuert ein zusätzlicher "Investivlohn" den Faktor Arbeit erhöht die Arbeitslosigkeit und schwächt bei Lohnverhandlungen die Position der Arbeitnehmer.

Völlig unklar ist, wie die Forderung , dass Mitarbeiterbeteiligungen bei Firmenverlusten oder Insolvenzen "risikofest" sein müssen, realisiert werden könnte oder wie das Modell für Arbeitnehmer, die nicht bei börsennotierten Unternehmen arbeiten, umgesetzt werden soll. Die Versicherung eines Firmenanteils gegen Insolvenz oder Verlusten mittels Bürgschaften etc. ist unverhältnismäßig teuer. Wer unternehmerisches Risiko nicht tragen will oder kann ist mit festverzinslichen Wertpapieren oder mit breit streuenden Investmentfonds auf jeden Fall besser bedient. Der Wert von Anteilen nicht börsennotierten Unternehmen ist vollkommen unklar und sie können auch kaum bei Bedarf zu Geld gemacht werden. Ein juristischer Alptraum wäre es Mitarbeiter an Unternehmen, die gar nicht als Kapitalgeselschaft sondern etwa als Einzelnunternehmen geführt werden, zu beteiligen.

Fazit:
Wer Aktien seines Arbeitgebers kaufen will, soll das -mit eigenem Geld und ohne Subventionen aus der Steuerkasse - tun dürfen. Im Normalfall wird es aber vernünftiger sein vorher sichere festverzinsliche Papiere zu kaufen oder Schulden zurückzuzahlen. Es gibt keine sicherere Geldanlage als das Zurückzahlen privater Schulden wie Immobilienkredite. Dabei liegt die (steuerfreie) Rendite in Form eingesparter Schuldzinsen weit über dem marktüblichen Anlagezins.

Wer geglaubt hat, dass solche Ideen wie der Investivlohn endlich Geschichte sind, sieht sich enttäuscht. Immernoch geistert in einflussreichen Köpfen die Vorstellung herum, dass die politische Führung besser die Angelegenheiten der Bürger entscheiden kann als dieser selbst. Dabei wird gerade bei diesem Beispiel besonders klar: Sie kann es nicht.