Freitag, 1. Dezember 2006

Milton Friedman, 31.7.1912 - 16.11.2006

Mein Zeit als Gymnasiast in den 70er Jahren war sehr politisiert. Eine Szene mit einem jungen und beliebten Deutschlehrer blieb mir im Gedächtnis. Er kommentierte eine Wortmeldung: "Das klingt nach Friedman" und sein Gesicht drückte tiefe Verständnislosigkeit aus. Die Diskussion ging dann andere Wege.

Es wäre mir damals nicht in den Sinn gekommen etwas von diesem verrückten Amerikaner zu lesen. Hin und wieder stand in Zeitschriften etwas skuriles über ihn. In einer Serie des Stern "die großen Ökonomen" erfuhr man, das Friedman stets mit einer Brosche mit dem Bild Adam Smiths herumlaufe.

Zwanzig Jahre später hatte ich bei einer Dienstreise nach Rio die kleine Essay Sammlung "Capitalism and Freedom" im Gepäck und las darin allabendlich vom Othon Hotel aus mit bezauberndem Blick auf die Copacobana. Mein Eindruck: Was Friedman da schreibt ist vernünftig, auch dann, wenn er sich gegen die staatliche Lizensierung von Berufsgruppen unter anderen auch für Rechtsanwälte oder Ärzte wendet. Danach habe ich noch "Free to Chose" und die "Monetary History of the United States" gelesen.

Friedman ist nicht das, was man in Deutschland gemeinhin in die Schublade "Wirtschaftsliberaler" steckt. Er verteidigt liberale Positionen in allen Bereichen und ist auch das, was man einen "politischen Liberalen" nennt. Bekannt ist sein Eintreten gegen die Wehrpflicht in Friedenszeiten und für die Legalisierung des Drogenkonsums. Ebenso betont er das uneingeschränkte Recht, jede politische Ansicht friedlich öffentlich vertreten und Anhänger suchen zu dürfen. Letzteres gilt ausdrücklich auch für solche politischen Ansichten wie den Kommunismus, deren Realisierung nach seiner Ansicht unweigerlich jede Freiheit zerrstören würden.

Ein sechstägiger Besuch in Chile im Jahre 1975, also 2 Jahre nach dem Putsch, hat noch heute zur Folge, dass viele, so auch zum Beispiel die Frankfurter Rundschau in ihrem Nachruf, Friedman als "Wirtschftsberater Pinochets" bezeichnen. Tatsächlich traf er Pinochet einmal und hielt damals eine akademische Rede an der katholischen Universität.

Friedman beschreibt im Essay "Alleviation of Poverty" (Capitalism and Freedom, 1962) ein vergleichsweise einfaches Einkommensteuersystem, das bei niedrigen Einkommen automatisch zu Auszahlungungen führt (negative tax). Er sieht darin ein wirkungsvolles Mittel Armut zu mindern ohne die negativen Begleiterscheinungen der üblichen Sozialpolitiken wie staatliche Bevormundung der Betroffenen, Beseitigung von Anreizen zur Selbsthilfe sowie behördliche Kontrollen in Kauf nehmen zu müssen. Solche Konzepte werden ja derzeit als "Grundeinkommen" in Deutschland vermehrt diskutiert, seit sie von Prominenten wie dem Chef der DM Drogeriemarktkette Götz Werner vertreten werden.

Ich würde mich freuen, wenn Friedman in Deutschland mehr gelesen würde. Einer, der die Ansichten Friedmans teilt, wird es in Deutschland schwer haben eine Partei zu finden, die diese auf der politischen Bühne vertritt. Er passt absolut nicht in übliche deutsche Weltbilder. Solche Kerle sind Gold wert.

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